PHILOSOPH AUF PROBE

„Der hot BSA gemacht.“ Mitunter ist es für den gewöhnlichen Weinfreund schon rätselhaft, was gestandenen Pfälzer Winzern so selbstverständlich von der Zunge geht. Mit »BSA« meinen sie, wie man als Laie kaum erahnen kann, biologischen Säureabbau. Das, sagt der wackere Winzersmann, sei aber gar nichts Schlimmes und: „Mit BASF oder BSE hat es ganz und gar nichts zu tun.“ Er schenkt uns ein und wir schenken ihm Glauben, schließlich ist er der Winzer unseres Vertrauens. Dabei wollen wir es dann belassen und lieber einen schönen Riesling probieren.

„Do schmeckt mer so rischdisch de Terroaa“, kommentiert er alsdann und heischt Zustimmung.
Man nickt gefällig, rätselt eine Weile herum, murmelt irgendetwas von »Kalifat« und »Terror« und erfährt schließlich die ganze Wahrheit: »Terroir« (sprich Terroaa) ist so ein neumodischer Begriff aus dem Französischen für »Lage« – aber es gehört auch noch jede Menge anderes dazu: das Wetter und die Bodenbearbeitung zum Beispiel.

Dabei lassen wir es dann bewenden – obwohl es Weinbauern geben soll, die beim nächtlichen Vergraben von Kuhhörnern in ihren Weinbergen beobachtet worden sind, um ihrem »Terroa« mit einem kleinen esoterischen Trick zum Alleinstellungsmerkmal zu verhelfen.

Dann wird‘s richtig ernst. Denn der Winzer spricht von seiner »Philosophie«. Für ihn, so erfahren wir mit Staunen, ist das ganz einfach: „Korzer Aaschnitt un‘ Kaltvergärung.“ Basta! Das fordert dann doch unseren Widerspruch heraus. Denn gelernt haben wir das ganz anders: Philosophie ist die Lehre vom Wissen, von den Ursprüngen und vom Zusammenhang der Dinge in der Welt, die Wissenschaft vom Sein und Denken. Oder: Philosophie ist die Kunst, die richtigen Fragen zu stellen. Also fragen wir: „Was heißt, kurzer Anschnitt?“ – „Ää Ruut mit hechschdens zeh‘ Aache halt.“ Und Kaltvergärung? – „Des is wegge de Arome, damit se net Abrauschen, wann de Moschd so arg blubbert.“

„Wenn du geschwiegen hättest, wärest du ein Philosoph geblieben“, hat ein weiser Mann dereinst (allerdings auf lateinisch) gesagt. Da haben wir wohl doch die falschen Fragen gestellt und müssen zugeben:

Nicht jeder ist halt ein Philosoph. Aber guter Pfälzer Wein kann uns mit Hilfe guter Winzer vielleicht dazu machen.

Prosit!